Vor kurzem habe ich ein Telefonat mit einer Eingliederungsberaterin geführt. Es ist um die Verlängerung einer Massnahme gegangen. Unser Kunde hat längere Zeit nicht mehr gearbeitet und ist mit einem 60%-Pensum eingestiegen. Er hat die Stelle selbst akquiriert und wir haben uns auf den Versuch eingelassen. Nach 3 Monaten hat er um 10% gesteigert, was nicht ganz so einfach ist. Ja, 10% ist nur wenig für uns, aber viel für andere Personen, die wieder in die Arbeitswelt einsteigen.

Die Eingliederungsberaterin hat im Laufe des Gesprächs gesagt: „Weisst du, der andere Coach hat gemeint, der Kunde sei nie mehr arbeitsfähig und benötige eine 100% Rente. Aber bei dir weiss ich, dass er in guten Händen ist. Du traust ihm zu, dass er sein Ziel erreicht.“ Das hat mich nachdenklich gemacht. Wieso soll ich dem Kunden nicht zutrauen, dass er es schafft? Er will und glaubt daran, dass es geht. Wieso soll ich ihm da im Weg stehen mit meiner Skepsis? Nur, weil der Arztbericht unter Umständen was anderes sagt? Vielleicht schafft er es nicht, sein Ziel vollumfänglich zu erreichen. Aber wenn er es nicht versucht, wird er es nie erfahren.

Diese Haltung habe ich schon immer gehabt. Vielleicht auch, weil alle Lehrer immer geglaubt haben, ich sei zu blöd für irgend etwas und meine Eltern immer an mich und meine Fähigkeiten geglaubt haben. Als meine Tochter in der 3. Sekundarschule sich für die Gymnasiumprüfung vorbereitet hat, habe ich keinen Moment Zeit an die Stellensuche verschwendet. Ihr Lehrer hat am Besuchstag gesagt, dass es einen Plan B brauche und wir bitte in die Stellensuche einsteigen sollen. Ich habe ihm darauf gesagt, dass ich das nicht tue und wir dann schon einen Plan ausarbeiten würden, klappe es mit der Gymie-Prüfung nicht.

Ganz ehrlich. Was hätte ich für ein Zeichen gesetzt? Ich hätte meiner Tochter doch genau das signalisiert. Nämlich: Ich traue dir nicht zu, dass du die Prüfung bestehst, darum suchen wir jetzt zur Sicherheit ein Lehrstelle. Eine Lehrstelle, die wohlgemerkt nur der Notnagel gewesen wäre.

Nach weiterem Nachdenken bin ich zum Schluss gekommen, dass ich alle meine Kunden so behandle wie meine Lieben und Freunde. Ich traue ihnen zu, dass sie sich und ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten selbst einschätzen können. In diesem Vorhaben unterstütze ich sie und zeige ihnen, dass ich an sie glaube. So wie ich an die Fähigkeiten meiner Tochter geblaubt habe. Dies gibt übrigens die Hoffnung, die vielen Menschen in solchen Situationen fehlt.

Wer traut dir etwas zu und gibt dir Hoffnung in schwierigen Situationen? Wem traust du zu, eine schwierige Situation so zu meistern, dass es für ihn bestmöglich herauskommt? 

Du schaffst das!
Du schaffst das! Ich traue dir das zu.
Das Ding mit dem „Zutrauen“
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