Wenn du nichts Nettes zu sagen hast…
Manche Begegnungen sind so absurd, dass man sie nicht erfinden könnte. Sie passieren einfach – mitten im Alltag, mitten ins Gesicht. Und manchmal bleibt einem nichts anderes übrig, als zu lächeln, zu nicken und still zu gehen.
Hier ein Beispiel, das mir bis heute nachhallt:
Es ist schon länger her, aber für mich ein treffendes Beispiel. Als ich nach längerer Abwesenheit wieder bei der Arbeit erschien, meinte einer der Kollegen:
”Ich hätte dich fast nicht mehr erkannt. Du hast ja graue Haare.”
Ich: ”Ja, gäll, hast mich schon lange nicht mehr gesehen.”
Er: ”Wieso färbst du deine Haare nicht mehr?”
Ich: ”Ich habe keine Lust mehr, so viele Stunden beim Coiffeur zu verbringen. Ausserdem tut es meiner Kopfhaut nicht gut.”
Er: ”Ach, ich gehe ja auch noch immer die Haare färben.” (Gut, er ist ein Stück älter als ich und hat nicht mehr ganz so viele, dafür sehr kurzgeschnittene Haare auf dem Kopf! Auf jeden Fall eine Info, die mich brennend interessierte.)
Ich: ”Aha.”
Er: ”Jetzt musst du einfach eine schnittige Frisur machen, dann siehst du 20 Jahre jünger aus.”
Ich stand da. Sprachlos. Vom Donner gerührt? Fast so, wie wenn ich die Pizza fallen lasse. Natürlich fällt mir keine zündende Antwort ein, im Sinne von ”ich kann gar nicht so jung sein, wie ich dann aussehen würde”. Immerhin bringe ich ein Lächeln zustande, nicke und wünsche einen schönen Tag. That’s it.
Und solche Dinge passieren immer wieder. Nicht nur mir. Auch anderen. Eine freche Übergriffigkeit und Grenzüberschreitung. Mir darf man immer sagen, was man denkt. Aber nur, wenn ich nach der Meinung frage und darum bitte. Frage ich nicht, sag einfach nichts, wenn du nichts Nettes zu sagen hast. … dann schweige und geniesse oder auch nicht. Und behalte bitte deine ”Nettigkeiten” für dich.
Wie handhabst du es mit solchen motivierenden Aussagen?
Manchmal ist Schweigen wirklich Gold.
Vielleicht ist es Zeit, dass wir lernen, nicht alles zu kommentieren. Sondern einfach da zu sein. Mit Respekt und mit Herz.

