Bestimmt ist dir das nicht neu. Eine Person, die du gut kennst, kommt auf dich zu, plaudert ein wenig und stellt dann die unheilvolle Frage: „Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?“
Was passiert in diesem Moment? Ich fühle mich geehrt, dass jemand sein Geheimnis mit mir teilen möchte. Gleichzeitig möchte ich mich unter Beweis stellen. Schliesslich ist Verschwiegenheit eine Tugend. Ja, und natürlich ist da noch die Neugierde, die mich eines Tages noch umbringen wird (es heisst ja nicht umsonst „curiosity kills the cat“). Und bevor ich zu Ende gedacht habe, purzelt es aus meinem Mund: „Klar, ich sage niemandem was!“
Eigentlich doof. Denn was geschieht jetzt? Ich bin doch tatsächlich Komplizin und Mitwisserin geworden. Komplizin für ein Geheimnis. Je nachdem ist das nicht so tragisch. Manche Geheimnisse dürfen aus meiner Sicht nicht mal Geheimstatus haben. Aber von denen rede ich nicht. Ich rede von jenen, die schwerwiegen. Die vielleicht jemand anderen, den wir mögen, verletzen. Jetzt sind wir also Komplizin und mit diesem Geheimnis belastet. Und das Perfide daran? Wir dürfen uns bei niemandem entlasten, denn damit würden wir das Vertrauen der anderen Person missbrauchen.
Auf das, was die andere Person damit macht, möchte ich nicht gross eingehen. Nur eines. Durch das Mitteilen teilt sie mit euch. Vielleicht hat sie das Geheimnis lange mit sich herumgetragen. Jetzt entlastet sie sich, denn sie kann es nicht mehr alleine tragen: das Geheimnis!
Schon oft habe ich darüber sinniert, aber heute ist es mir so richtig bewusst geworden. Ich hoffe, das nächste Mal schaffe ich es zu sagen: „Nein, lieber nicht. Aber danke dir für dein Vertrauen!“
Was machst du, wenn dir jemand ein Geheimnis anvertrauen will? Nimmst du es an? Wie gehst du nachher mit dieser Belastung um?